Donnerstag, 6. September 2007

Wie versprochen heute mein Bericht über meine Erlebnisse über, am und auf dem Fujiyama, Mt.Fuji, Fujisan... wie immer man ihn auch nennen mag.

Der Fujisan (so nennen ihn jedenfalls die Japaner) ist 3776 m hoch.
Er ist ein Vulkanberg, was also die "eigenwillige" Form erklärt, ausgebrochen ist er zum letzten Mal 1707.
Trotz seiner Höhe ist er RELATIV einfach zu besteigen.
Also auch für mich geeignet... :-)

Ehrlich gesagt wusste ich zwar, dass der Fujisan der höchste Berg in Japan und gewissermaßen schon fast eine Art Wahrzeichen für dieses Land ist, aber dennoch habe ich mich irgendwie keine weiteren Gedanke über ihn gemacht... bis ich ihn dann zum ersten Mal gesehen habe (siehe früherer Artikel), gehört habe, dass man ihn besteigen kann und erfahren habe, dass der Sonnenaufgang dort oben atemberaubend sein soll!
Sofort war ich begeistert von dieser Idee - ich sammelte Informationen, sprach mit der einzigen von 23 japanischen Testo Mitarbeitern, die den Mt. Fuji bestiegen haben und überlegte mir, wie ich dieses Abenteuer angehe :-)
Alleine hätte ich es auch gemacht, dachte mir aber, dass es sicher lustiger ist, wenn jemand dabei ist - also setzte ich eine kurze Nachricht in eine Japan-Gruppe im StudiVZ.
Daraufhin meldete sich Daniela Diedrich. Sie macht gerade in Tokyo bei einer holländischen Familie AuPair und wollte den Fujisan auch besteigen.
Ein paar Emails, SkypeTelefonate und Besuche bei der Tourist Info Tokyo später war endlich die letzte Woche vor DEM FujiWochenende angebrochen.
Irgendwie hatte ich das Gefühl immer noch nicht richtig vorbereitet zu sein. Ich verschlang regelrecht Berichte über die Fujibesteigung aus dem Internet, kaufte alles mögliche an Essen ein, was man bei so einer Tour brauchen könnte und bestellte mit Hilfe von Kobayashisan die Bustickets nach Kawaguchiko (Stadt am Fusse des Fujisan). Außerdem kaufte ich mir Wanderschuhe, ne Regenhose und ne Leggings (zum drunterziehen)... schließlich war mich klar, dass das kein Spaziergang wird :-)
Was mir nicht ganz geheuer war, war das Wetter... im Internet stand in der Wettervorhersage, dass es Samstag nacht bewölkt sein wird - nicht sooo gut... aber egal, das ziehen wir jetzt durch!

Endlich Freitag abend - am Samstag gings los.
Ich nahm mir eigentlich vor, früh schlafen zu gehen, denn von Samstag auf Sonntag würde ich nicht viel Schlaf abbekommen!
Wir haben uns nämlich für die typische Art entschieden, den Fujisan zu besteigen - abends losgehen, die Nacht durchwandern, um morgens zum Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu sein!
Na ja, aus dem früh schlafen gehen wurde nix, und am Samstag morgen wachte ich schon um 7 Uhr auf... so aufgeregt war ich :-)
Meine Sachen hatte ich schon gepackt, um 10 Uhr machte ich mich dann auf den Weg nach Shinjuku - hier wollte ich mich um halb eins mit Dani treffen und von hier fuhr um 13.10 auch unser Bus ab!
Um 10 vor eins war noch keine Dani da, auf einmal klingelt mein Handy - Dani! "Du, wo ist denn das Busterminal, ich kanns nicht finden...!" So ein Mist, dachte ich :-) kein Wunder, dass man sich da verläuft - Shinjuku ist der größte Bahnhof in ganz Japan, wenn nicht auf der ganzen Welt - jeden Tag bewegen sich dort mehr als 2 Mio Menschen.
Nach ein paar weiteren Minuten hin und her und Weggesuche hatten wir uns dann um 13.07 gefunden - zum Bus gerannt, reingesessen und schon konnte es losgehen - puh, grad noch geschafft! Nach 1 1/2 Stunden Busfahrt kamen wir in Kawaguchiko an. Jetzt war noch genügend Zeit, was zu essen, und sich noch ein bisschen auszuruhen :-) Um 17.35 Uhr fuhr der letzte Bus zur 5ten Station auf 2500m. Den wollten wir dann nehmen, um den Aufstieg von dort zu beginnen.
Auf der Busfahrt trafen wir dann per Zufall zwei Deutsche - Dominic und Christoph. Christoph hat 3 Monate in Japan gearbeitet, Dominic, sein Freund, besucht ihn gerade und sie reisen noch gemeinsam in Japan herum!
Die Fahrt mit dem Bus nach oben war der Horror - nicht ungemütlich oder so, obwohl der ganze Bus voll war... sondern wegen dem Wetter! Man konnte kaum aus dem Fenster sehen, so steckten wir im Nebel.. oh nein!!
Gegen 18.30 kamen wir auf 2500 m an - ich traute meinen Augen nicht! Sternenklarer Himmel!!! Wir müssen durch die Wolken durchgefahren und nun über ihnen sein... Juhu!!!!
Nach ein paar Minuten Gewöhnungszeit an die Höhenluft, begannen wir mit dem Aufstieg. Nach 500 m verlor Dani die Sohle ihres Wanderschuhs :-) Sie hatte die Schuhe von ihrer Gastmutter geliehen - waren wohl nicht mehr die neusten :-) sie konnte aber weiterlaufen, kein Problem! Auf dem Weg nach oben ging dann irgendwann auch die andere Sohle flöten, aber Dani lief tapfer weiter :-)
Dominic und Christoph waren eindeutig schneller als wir und so verloren wir uns nach ein paar hundert Metern.
Dani und ich ließen es eher langsam angehen, schließlich sind wir jetzt nicht die wahnsinns Sportskanonen bzw erfahrenen Kletterer - und ein Spaziergang ist es wie schon gesagt nach da oben auf keinen Fall. Es ging ziemlich steil bergauf, aber auf dem Weg waren immer wieder Hütten, wo man sich hinsetzen, sich ausruhen konnte oder auf seinen Fujisanwanderstock (Hab auch einen!... siehe Bilder!) Stempel einbrennen lassen konnte.
Außerdem wollten wir immer wieder die unvergessliche Aussicht genießen - auf den gerade aufgegangenen und noch roten Mond, die milliarden Sterne am Himmel über uns...
Der absolute Wahnsinn auf dem Weg nach oben war auch noch, dass wir bei weitem nicht alleine waren! Mit uns erklommen bestimmt ungelogen ca 3000 Leute in dieser Nacht den Fujisan... wie eine riesige Pilgerwanderung! Wenn man auf den Weg, der sich den Berg heraufschlängelt, zuückblickte, konnte man die Menschenmenge mit ihren Taschen- und Stirnlampen wie ein riesiges leuchtendes Würmchen erkennen, das den Berg heraufkriecht :-)
Unglaublich... :-)

Zwischendurch musste ich Dani immer wieder ein bisschen motivieren :-) die Füsse und Beine taten ihr weh und sie zweifelte daran, dass wir den Gipfel pünktlich zum Sonnenaufgang erreichen würden... es war wirklich ziemlich anstrengend - vor allem weil der Weg sehr schmal, steil und so voller Menschen war, dass es oft garnicht mehr vorwärts ging!

Doch nach einem anstrengenden Aufstieg passierten wir das Tor zur 10., der höchsten Station auf dem Gipfel - nach 9 Stunden, um 4 Uhr morgens... endlich da... unglaublich, was für ein Gefühl.. endlich oben!

Es war alles dunkel, nur die Lichter der Station erhellten die Nacht.
Genauso unglaublich war, dass wir Dominic und Christoph in mitten all der Menschen wieder trafen. Mit ihnen suchten wir ein einigermaßen windstilles, schönes Plätzchen, von dem aus wir den Sonnenaufgang anschauen wollten...
Um ca. halb, dreiviertel Fünf fing es dann an zu dämmern... erst ein bläulicher Streifen am Horizont, der immer heller wurde und bald schon die gesamte Gegend um uns herum ans Licht brachte - jetzt erst konnte man richtig sehen, dass der Fujisan, wie eine riesige Insel, aus dem Meer aus Wolken herausragte - es fehlten eigentlich nur noch die Schiffe, die durch die Wolken schipperten :-) unbeschreiblich schön!!
Der Himmel wurde langsam heller und nahm schon eine rötliche Farbe an, von Minute zu Minute konnte man mehr von der Umgebung erkennen...
Ich machte fleißig Photos, bekomme jetzt noch ne Gänsehaut, wenn ich sie anschaue, aber es ist absolut kein Vergleich mit dem wirklichen Erlebnis!
Auf einmal ging ein Raunen durch die Menschenmenge, die dort auf dem Fujisan stand und alle wie gebannt Richtung Horizont starrten - und tatsächlich... ein kleiner, leuchtend roter Punkt tauchte dort auf, wurde immer größer und tauchte die Welt erst in rötliches, dann in rose schimmerndes Licht - die Sonne... Nun kann ich nachvollziehen, warum Japan auch das Land der aufgehenden Sonne genannt wird!
All die Sorgen um das schlechte Wetter waren vergessen, besseres hätten wir wirklich nicht haben können und so erlebte ich dort oben, bei ca. 5 Grad Kälte, mit zitternden Finger vor lauter Fotografieren und vor allem Lachend vor Glück den bisher schönsten Sonnenaufgang meines Lebens...

...ach Daniel, Maus, warum konntest du nicht dabei sein....

Nach diesen unvergesslichen Momenten machten wir uns auf den Weg zum "richtigen" Gipfel, auf 3776m! Von dort hatte man auch eine gute Sicht auf den Krater des Fujisan.
Gegen 7 Uhr hatten wir diesen Krater einmal umrundet und waren wieder an der 10. Station angelangt, von hier aus gings nun bergab...
der Abstieg war nicht wirklich spektakulär, sondern nur anstrengend und lang - aber mit den Erinnerungen an das Erlebte war es auch schon nicht mehr so schlimm!!
Um ca. 11 Uhr erreichten wir die 5te Station - hier tranken wir zusammen ein Wir-habens-geschafft-Bier :-) danach nahmen wir den Bus nach Kawaguchiko. Dort angekommen, quälten wir uns erstmal aus unseren Schuhen (ich hatte überhaupt keine Probleme, keine großartigen Blasen, die ich nicht auch in anderen Schuhen bekommen hätte... und das obwohl man doch eigentlich sagt, bloss nie neue Wanderschuhe gleich zu einer grossen Tour mitnehmen!), außerdem putzen wir unsere Zähne :-) und gönnten uns zur Belohnung ein Eis!!

Wieder zurück in meiner Wohnung war ich zwar hundemüde, konnte aber fast nicht einschlafen. Hab noch mit Daniel und Carina telefoniert, und bin dann ins Bett.
Musste am Montag schließlich wieder arbeiten!
Am Montag morgen kam dann das "böse" Erwachen... schon beim Weckerklingeln spürt ich eigentlich nur meine Oberschenkel... oh je, dann die Leiter runter und irgendwie hatte ich das Gefühl nicht mehr stehen, geschweige denn mich hinsetzen oder sonst irgendwie bewegen zu können :-) so einen Muskelkater hatte ich noch nie!
Aber egal - jetzt ist er ja schon wieder weg - und außerdem hat er sich auf jeden Fall gelohnt :-)

Alles in allem also ein wirklich unvergessliches Erlebnis und sicher einer der Höhepunkte in meiner Zeit hier in Japan!
Es war zwar ein sehr anstrengender Weg, aber ich glaube, dass das auch dazu beiträgt, dass man diese Erfahrung nie vergisst - zuerst der mühsame Weg nach oben und dann der atemberaubende Ausblick...

Ab Montag hatte mich dann schon der Alltag wieder, ich ertappe mich aber dabei, ab und zu wieder auf der Wetterseite des Fujisan zu schauen, wie sich das Wetter dort oben gerade macht :-)

Gestern abend war ich dann mit meinem Fahrrad in einem nahe gelegenen Einkaufscenter, dort gibt es nämlich ne Fahrradwerkstatt - mein Gefährt hatte nen Platten! Ich spielte schon mit dem Gedanken, zu versuchen, das selbst zu reparieren, hab aber keine Ahnung wie - also ließ ich das lieber von einem Profi machen! Und: es war noch günstig! Reifen flicken, Fahrrad durchchecken und wieder aufpäppeln - für umgerechnet 6 Euro!

Kurzfristig gesehen wäre die Reparatur allerdings nicht nötig gewesen - ich kann das Fahrrad nämlich heute und morgen ohnehin nicht benutzen... Hier tobt gerade ein Taifun - und wie! Es stürmt und schüttet ohne Ende! Ich bin heute morgen zwar mit dem Fahrrad zur Arbeit, zurück musste ich dann allerdings ein Taxi nehmen - wäre anders viel zu gefährlich gewesen!
Klatschnass wurde ich allerdings auch so - auf den 10 m vom Taxi zur Haustür! Ich war nass bis auf die Unterwäsche, so regnet es hier!! :-)

So, heute wurde es mal wieder seeehr lang, tut mir leid, aber wie gesagt, die Erinnerung brennt während des Schreibens durch mit mir!!

Ich wünsche euch allen alles Gute bei dem was ihr gerade so treibt - arbeiten, rumreisen, neue Wohnung beziehen, Semesterferien genießen, studieren, lernen, erholen nach den Klausuren...

Ich denk an euch!!!
Eure Julia